20.02.2018
Mensch-Roboter-Interaktion: Schlüsseltechnologie für die Servicerobotik
Grafische Displays, Künstliche Intelligenz und Sensoren sorgen für rasante Fortschritte in der Mensch-Roboter-Interaktion (MRI). Die neue Generation von Servicerobotern lässt sich sicher und leicht programmieren sowie intuitiv bedienen. Vom 19. bis 22. Juni 2018 zeigt die automatica in München die neuesten Produkte und Systeme: von flexiblen, kollaborativen Robotern bis hin zu intelligenten Lagersystemen und humanoiden Robotern. Dabei bleibt der Mensch stets im Vordergrund: Der Roboter unterstützt und sorgt für Kosteneinsparungen.
„Wir können zwar nicht zaubern, aber wir haben bereits vieles verbessert“, sagt Francesco Ferro, CEO von PAL Robotics, dem in Barcelona ansässigen Pionier auf dem Gebiet humanoider Roboter. „Als wir im Jahr 2004 unseren ersten zweibeinigen Roboter bauten, benötigten wir mindestens fünf Techniker, um ihn einzusetzen. Heute kann ein Kunde den Roboter alleine einschalten und ihn steuern. In Zukunft werden wir nur noch mit dem Roboter sprechen müssen und dieser erledigt dann die ihm gestellte Aufgabe.“
Die Roboter von PAL Robotics werden bereits zur Unterhaltung und im Gesundheitswesen eingesetzt. Das Unternehmen betreibt seit 18 Monaten ein Pilotprojekt im Einzelhandel. Dabei bewegt sich ein Roboter selbstständig durch die Gänge voller Kunden, um täglich eine vollständige 3D-Bestandsaufnahme zu erstellen. „Dies schaffen gegenwärtig nur wenige Einzelhändler, aber die Daten sind von unschätzbarem Wert, um optimale Entscheidungen treffen zu können“, erläutert Ferro.
Einzelhändler nutzen hochanpassungsfähige mobile Roboter auch, um Kunden im Geschäft den Weg zu weisen und mit Informationen zu versorgen. Der Care-o-Bot 4 ist beispielsweise mit einer Vielzahl beeindruckender Funktionalitäten ausgestattet, wie etwa multimodaler Bedienung und Feedback in Form von Gesten, Licht- und Tonsignalen. Der Care-o-Bot 4 mit seinem preisgekrönten Design wird von Unity Robotics, einem Spin-Off des Fraunhofer IPA, vermarktet. Der Roboter ist bereits im Saturn-Markt in Ingolstadt im Einsatz. Dort hilft er Kunden, Produkte zu finden oder ruft einen Mitarbeiter herbei, wenn menschliche Unterstützung erforderlich ist.
Eine Kerntechnologie für Industrie- und Servicerobotik
Im Arbeitsprogramm Horizont 2020 (H2020) der Europäischen Kommission wird die MRI als eine der vier Kerntechnologien der Robotik definiert. Dafür werden im Zeitraum von 2018 bis 2020 Mittel in Höhe von 66 Millionen Euro bereitgestellt. „Die MRI gilt als Schlüsseltechnologie sowohl für die Industrie- als auch die Servicerobotik“, sagt Martin Hägele, Leiter der Abteilung Roboter- und Assistenzsysteme am Fraunhofer IPA. „Roboter sind sowohl von Dienstleistungsunternehmen als auch von Endverbrauchern einsetzbar, insbesondere in Landwirtschaft und Logistik, im Gesundheitswesen, im Sicherheitssektor sowie im Einzelhandel. Fast all diesen Anwendungen ist eines gemein: Sie arbeiten ohne Schutzzaun. Deswegen müssen Roboter in der Alltagsumgebung besondere Sicherheitsstandards erfüllen sowie sicher und intuitiv bedient werden können. Somit ist die MRI eine wichtige Komponente.“
Im Bereich Logistik, dem Schwerpunkt des von H2020 finanzierten Projekts SafeLog, verspricht sich die Branche hochflexible Warenlager, die ohne eine sichere und effektive Interaktion zwischen Robotern und Menschen nicht möglich wären. So können Arbeiter durch in ihre Sicherheitswesten integrierte Sensoren leicht vom System lokalisiert werden. Gleichzeitig werden sie durch Augmented Reality bei einer Reihe von Aufgaben unterstützt und mit Entnahme-, Navigations- sowie Wartungsinformationen versorgt.
Fähigkeiten von Robotern verbessern – Unternehmen stärken
Die treibende Kraft hinter einer sicheren und zuverlässigen MRI sind künstliche Intelligenz, Machine-Learning-Modelle und Sensoren, wie die vom Institut für Kognitive Systeme (ICS) der Technischen Universität München entwickelte künstliche Haut, die auf Nähe reagiert. Europa ist führend darin, mechanische Roboter mit Intelligenz auszustatten. Ziel ist die Schaffung von Maschinen, die nicht nur sensibel genug sind, um einen potenziell schädlichen Kontakt zu vermeiden, sondern sich sogar lediglich mit einer Feder dirigieren lassen.
„Eine besonders spannende Aufgabe ist es, den Prozess zu vereinfachen, Robotern diverse Aufgaben beizubringen.“, sagt Samuel Bouchard, CEO von Robotiq. „Wir nutzen momentan noch sehr einfache Anweisungen. Dafür ist viel Fachwissen erforderlich. Lässt sich bei Robotern jedoch ein höheres Abstraktionsniveau erreichen, gestaltet sich die Zusammenarbeit viel einfacher. Die Herausforderung besteht darin, die verschiedenen Komponenten mit mehr Intelligenz auszustatten.“ Das Ziel von Robotiq ist es, anderen Unternehmen zu zeigen, wie sie Roboter selbst installieren und somit unter anderem dem Fachkräftemangel entgegenwirken können. „Das eigentliche Ziel ist eine nahtlose Zusammenarbeit“, sagt Bouchard.
Die automatica 2018 wird eine beeindruckende Vielfalt von MRI-Technologien zeigen. Diese Entwicklungen ermöglichen sichere, wirtschaftliche und flexible Automatisierungslösungen, den Schutz von Arbeitsplätzen älterer Mitarbeiter sowie auf den Anwender zugeschnittene Bedienung mit hoher Erlebnisqualität. Somit stellt die MRI einen der wichtigsten technischen Entwicklungsschritte in der Robotik dar.
Bild & Text: automatica-munich.com