Sparen ist angesagt – und zwar an CO2 genauso wie an Abfällen, die nicht wiederverwertet werden können. Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind neben Leichtbau, künstlicher Intelligenz oder Industrie 4.0 das zentrale Thema der HANNOVER MESSE 2020. Unternehmen aller Branchen haben sich auf den Weg gemacht zu CO2-neutraler Produktion und Circular Economy. Besonders auf Ebene der Zulieferung geschieht hier schon viel – und es könnte noch viel mehr werden.
Industrial Transformation heißt das Leitthema der HANNOVER MESSE 2020. Der aktuelle Wandel bezieht sich allerdings nicht nur auf die allgegenwärtige Digitalisierung. Auch in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind Unternehmen auf dem Weg. Zum Beispiel bei Salzgitter, bei Jäger Gummi und Kunststoff, bei Arburg oder bei Stüken. Sie alle zeigen im Themenbereich Engineered Parts & Solutions, wie sich CO2 und Abfall einsparen lassen.
Salzgitter: Das Recycling-Wunder Stahl und das Projekt SALCOS
Möglicherweise ist Stahl nicht das Erste, was einem in den Sinn kommt beim Thema Nachhaltigkeit. Immerhin ist dessen Herstellung zwangsläufig energieintensiv. Auf den zweiten Blick kommen jedoch Vorzüge zum Tragen, die besonders für die Kreislaufwirtschaft von Bedeutung sind: Stahl ist nicht nur robust und langlebig. Der Werkstoff ist außerdem zu 100 Prozent recycelbar, ohne dass er dabei an Qualität einbüßt. Schon heute kommen rund 50 Prozent des in Deutschland neu erzeugten Rohstahls aus Stahlschrott. Laut Wirtschaftsvereinigung Stahl spart Stahl-Recycling in Deutschland jedes Jahr mehr als 20 Millionen Tonnen CO2 ein. „Wir müssen in Sachen Nachhaltigkeit zwingend den gesamten Lebenszyklus einer Ressource betrachten“, sagt Dr. Jens Traupe, Leiter Umweltschutz- und Energiepolitik der Salzgitter AG. „Das kommt in vielen Ökobilanzen noch zu kurz. Stahl ist tatsächlich der einzige Industriewerkstoff, der sich ohne Einschränkung unendlich oft wiederverwerten lässt.“ Das ist eine der Botschaften, mit denen die Salzgitter AG auf die HANNOVER MESSE kommt. Ein anderes Thema mit Nachhaltigkeitsbezug des Stahlkonzerns ist SALCOS, ein weitreichendes Projekt zur Dekarbonisierung in der Primärstahlproduktion, das die Salzgitter AG für sich vorantreibt, letztlich aber an allen Stahlstandorten möglich wäre. Im Kern geht es darum, anstelle von Kohlenstoff bei der Eisenerzreduktion Wasserstoff einzusetzen, was wiederum die Bildung von Wasser statt Kohlendioxid zur Folge hätte. Zusätzlich würde nach dem SALCOS-Konzept die für Herstellung und Weiterverarbeitung notwendige Prozesswärme durch elektrische Energie statt durch kohlenstoffhaltige Energieträger bereitgestellt. Auf diese Weise könnten bis zu 95 Prozent CO2-Emissionen bei der Stahlherstellung von vornherein vermieden werden. Seit fünf Jahren befindet sich Salzgitter dazu in Gesprächen mit relevanten Stakeholdern, damit Rahmenbedingungen für einen wirtschaftlichen Betrieb von SALCOS geschaffen werden können und das Projekt umgesetzt werden kann. Technisch steht dem nichts im Weg. Auch die HANNOVER MESSE 2020 wird Salzgitter wieder dazu nutzen, gegenüber nationalen und internationalen Vertretern der Politik für SALCOS zu werben – vermutlich mit so viel Rückenwind wie nie zuvor.
Jäger Gummi und Kunststoff: Nachhaltigkeit immer im Blick
Als Zulieferer zeigt Jäger Gummi und Kunststoff auf der HANNOVER MESSE in Halle 23, wie das Unternehmen seine Kunden bei den Nachhaltigkeits-Aktivitäten im Rahmen des CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetzes unterstützt. „Jäger betrachtet Nachhaltigkeit in Produktentwicklung, Produktion und Beschaffung unter ökonomischen, ökologischen und sozialen Kriterien“, sagt Dr. Andreas Jäger, Geschäftsführer der Jäger Gummi und Kunststoff GmbH. Ihm ist bewusst, dass die Verarbeitung von Gummi und Kunststoff grundsätzlich energieintensiv ist und vergleichsweise viel CO2 emittiert. „Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften sind unsere Werkstoffe jedoch in vielen technischen Anwendungen unverzichtbar“, so Jäger. Deshalb setzt sein Unternehmen diese Rohstoffe durch intelligentes Produktdesign sparsam ein, minimiert den für die Verarbeitung erforderlichen Energie-Einsatz und reduziert die prozessbedingten Abfälle. Ein Beispiel auf dem Messestand: eine Gummi-Metall-Rolle für Förderbänder, die auf Kundenwunsch kostengünstiger hergestellt werden sollte. Zusätzlich betrachteten die Experten von Jäger die Anforderungen aus einem ökologischen Blickwinkel und entwickelten eigeninitiativ verschiedene Produktdesigns. Durch den intelligenten Austausch der bisher verwendeten Materialien kann dadurch eine verkürzte Heizdauer bei der Produktion erzielt werden. Diese Umstellung spart Energie und somit auch CO2. „Wir gehen dabei über die einfache Teilelieferung hinaus, betrachten die Prozesse unserer Kunden von Beginn an und denken die bestehenden Herausforderungen neu“, sagt Jäger. „Produkte mit längerer Lebenszeit, geringerem Materialaufkommen sowie Produktionsprozesse mit einem geringeren CO2-Ausstoß sind das Ergebnis.“
Arburg: Eine ganze Welt für Ressourcen-Effizienz und Circular Economy
Bei Arburg wird deutlich, dass Nachhaltigkeit und Digitalisierung sich gegenseitig befördern können. „Leichtbau bietet hohes Potenzial in Sachen Ressourcen-Effizienz und CO2-Footprint – beides Themen, die zusammen mit Circular Economy in unserem Programm ‚arburgGREENworld‘ eine wichtige Rolle spielen“, sagt Gerhard Böhm, Geschäftsführer Vertrieb bei Arburg. „Der zweite herausragende Themenkomplex unserer Zeit ist die Digitalisierung, die auch in Sachen Nachhaltigkeit ein wichtiger Enabler ist. Dazu präsentieren wir auf der HANNOVER MESSE unsere ‚arburgXworld‘, die alle digitalen Produkte und Services zusammenfasst.“
Mit diesen beiden Perspektiven auf die Welt liefert Arburg Antworten auf wichtige und drängende Fragen in der Kunststoffverarbeitung und -nutzung. Das Ziel lautet: Steigerung der Produktionseffizienz auf Kundenseite. Das Programm arburgGREENworld beruht auf vier Säulen: Green Machine (effiziente und ressourcenschonende Maschinentechnik), Green Production (innovative Verfahren und vernetzte Prozesse zur ressourcenschonenden Fertigung), Green Services (Dienstleistungen und Know-how-Transfer) sowie Green Environment (Arburg-interne Prozesse rund um Ressourceneffizienz und Circular Economy). Die weltweit zentrale Produktion von Arburg in Loßburg ergibt einen im Vergleich zu anderen Standortphilosophien sehr kleinen CO2-Footprint. Dazu tragen effiziente Logistik, der hohe Eigenfertigungsanteil, umweltschonende Verfahren oder die Nutzung natürlicher Ressourcen und regenerativer Energien bei.
Stüken: Tiefziehtechnik, die auch ökologisch überzeugt
Maßstäbe zu setzen – daran ist Stüken gewöhnt: als weltweit führender Lösungsanbieter für hochpräzise Tiefziehteile aus Metall zum Beispiel in Sachen Qualität und Möglichkeiten. „Doch das reicht uns nicht“, sagt Dr. Hubert Schmidt, Sprecher der Geschäftsführung bei Stüken . „Umweltschutz ist seit Langem ein Bereich, in dem wir aktiv sind. Unser Denken und Handeln berücksichtigt dies bei allen Entscheidungen.“ Beim Tiefziehen, Stanzen und Stanzbiegen achtet das Rintelner Unternehmen auf den optimalen Einsatz von Ressourcen und minimalen Materialverbrauch. Denn im Vergleich zu anderen Verfahren wird beim Tiefziehen weniger Rohmaterial verbraucht. Auch benötigt das Tiefziehverfahren keine umweltschädlichen Stoffe wie Blei. „Wir haben den Anspruch, mehr zu tun, als gesetzliche Verpflichtungen und die gängigen Normen konsequent einzuhalten“, so Schmidt. „Wir informieren alle Partner, die in unseren Werken und unserem Umfeld tätig werden, über unsere Umweltpolitik und beziehen sie in unser Umweltmanagement ein. Gemeinsam mit Kunden und Lieferanten prüfen wir Maßnahmen der umweltgerechten Produktgestaltung, der Entsorgung, der Verpackung und des Transports.“ Mit den natürlichen Ressourcen Rohmaterial, Wasser und Energie geht der Tiefziehspezialist schonend um. Produkte, Prozesse und Verfahren werden fortlaufend beobachtet, analysiert und bewertet. Gefahrstoffe werden – wo immer es geht – ersetzt, Abfall und Abwasser reduziert sowie das Recycling optimiert. Auch die Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Technologieführers arbeitet kontinuierlich an Innovationen in diesem Bereich. Mit Erfolg: „Wir erproben neue Materialsorten, die es uns ermöglichen, die von unseren Kunden gewünschten hohen Festigkeits- und Verschleißeigenschaften an unseren Tiefziehteilen auch ohne nachträgliche Wärmebehandlung zu erreichen“, erklärt Schmidt. „Der Energieeinsatz für die sonst üblichen Härteprozesse und die damit verbundene CO2-Freisetzung können vollständig eingespart werden.“
Bild & Text: hannovermesse.de